🕊 Beileid an die Angst – Gedanken zu Benjamin Clementines „Condolence“
Manche Lieder berühren nicht nur das Ohr, sondern das Innerste. „Condolence“ von Benjamin Clementine ist so eines. Kein lautes Lied. Kein Hit, der sich aufdrängt. Aber ein Lied, das nachklingt. Wie ein Gespräch mit sich selbst. Oder ein Brief an das Leben – geschrieben mit zittriger Hand, aber klarer Seele.
„Ich sende mein Beileid an die Angst.“
Was für ein Satz. Keine Wut. Kein Kampf. Nur ein stilles, starkes Loslassen. So als würde man einer alten Bekannten die Tür öffnen und sie hinausgeleiten, ohne Gram – aber auch ohne Einladung, je zurückzukehren.
In Clementines Worten steckt eine tiefe Erkenntnis:
Wir kommen aus dem Nichts. Aus Feuer, aus Sturm, aus Stille. Und alles, was wir werden, tragen wir aus diesen Ursprüngen in uns – nicht als Ballast, sondern als Erinnerung. Als Demut.
„Damit ich, wenn ich eines Tages jemand werde, immer daran erinnere, dass ich aus nichts kam.“
Was für eine Würde in diesen Worten liegt. Kein Selbstmitleid, kein Trotz. Sondern das stille Wissen: Ich habe mich durchgekämpft. Ich bin noch da. Und ich darf das sagen. Ich darf stehen bleiben und sprechen – mit klarer Stimme, auch wenn sie zittert.
Clementine erinnert uns daran, dass Angst und Unsicherheit keine Feinde sind, die besiegt werden müssen, sondern Weggefährten, die wir irgendwann zurücklassen. Nicht mit Hass, sondern mit einem leisen „Beileid“.
Vielleicht ist das wahre Wachstum nicht laut. Vielleicht ist es leise, tastend, aufrecht. So wie dieses Lied. Und vielleicht ist es auch an der Zeit, dass wir selbst anfangen, unser Beileid auszusprechen: An die Zweifel. An das Zögern. An all die inneren Stimmen, die uns zu klein halten wollen.
Ich jedenfalls habe vor einiger Zeit einem lähmenden Zweifel leise Lebewohl gesagt – nicht im Zorn, sondern in Ruhe und mit einem stillen Danke für das, was er mich gelehrt hat.
Vielleicht ist ja auch in dir etwas, das bereit ist zu gehen:
eine alte Angst,
ein innerer Kritiker,
ein festgefahrenes Selbstbild
oder ein schmerzhafter Gedanke aus der Vergangenheit.
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