Manchmal lesen wir Verse in der Bibel, die wie ein leiser Ruf durch die Zeiten zu uns sprechen – und doch voller Kraft sind. Dieser Vers aus den Sprüchen gehört zu jenen, die nicht nur trösten, sondern herausfordern. Er richtet sich an Menschen, die die Gabe des Wortes haben – und erinnert sie daran, dass Worte nicht nur zum Schmücken da sind.
Für wen sollen wir den Mund aufmachen?
Der „Stumme“ ist nicht immer wortlos. Oft ist es der, der aus Angst oder aus Ohnmacht schweigt. Es ist das Kind, das nicht sagen kann, was ihm angetan wird. Es ist der Obdachlose, der keine Lobby hat. Es ist der Mensch, den niemand hört, weil er von der Gesellschaft an den Rand gedrängt wurde.
Diesen Menschen die Stimme zu leihen, bedeutet nicht, über sie hinwegzureden, sondern ihnen Gehör zu verschaffen. Es bedeutet, nicht wegzusehen, wenn Ungerechtigkeit geschieht, und nicht zu schweigen, wenn Schweigen bequemer wäre.
Gerechtes Richten – ein hohes Ziel
„Richte recht“ klingt zunächst nach einer Aufgabe für Richter und Anwälte. Doch der Vers richtet sich an jeden von uns. Gerechtes Richten beginnt im Alltag:
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wenn wir nicht vorschnell urteilen,
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wenn wir andere nicht nach ihrem Äußeren oder nach Gerüchten verurteilen,
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wenn wir uns weigern, Teil von Spott und Häme zu werden.
Es ist ein Aufruf, dem eigenen Herzen zu misstrauen, wenn es sich in Vorurteilen wiegt, und stattdessen nach Wahrheit und Gerechtigkeit zu suchen.
Mut, der leise beginnt
Oft scheint es einfacher, den Kopf einzuziehen und zu hoffen, dass sich die Dinge von allein fügen. Doch der Spruch ruft uns dazu auf, aktiv zu werden.
Manchmal reicht es schon, einem einsamen Menschen zuzuhören oder jemanden in Schutz zu nehmen, der zum Ziel ungerechter Worte wird. Solche Gesten wirken klein, sind aber von unschätzbarem Wert.
Für den Phantasie-Garten
Im Phantasie-Garten sind Worte mehr als nur Klänge – sie sind Samen. Dieser Vers ist wie ein Samen für Mitgefühl und Gerechtigkeit. Er erinnert mich daran, dass Worte Brücken bauen oder Mauern einreißen können, wenn wir sie für die Schwachen einsetzen.
Vielleicht ist dieser Auftrag, für andere zu sprechen, eine der schönsten Berufungen, die wir als Menschen haben: nicht für uns selbst zu glänzen, sondern Licht für andere zu sein.