Montag, 11. November 2024

Mein Herz


Es ist mein Herz ein stets verändert Meer,
das eben silbern alle Himmel spiegelt,
dann wieder liegt es brütend schwarz und schwer,
bis es der Sturm - wer weiß woher? - aufwiegelt.

Zuweilen fährt ein kleines Segelboot
in einer friedlich stillen Bucht darüber,
die Fischerin singt leis ins Abendrot - 
auf einmal wird die Flut von Schatten trüber.

Bald wogt die Welle weithin rollend fort
und trägt die Jacht zu goldenen Gestaden - 
da droht die Sandbank, sinnt ein Hai auf Mord...
da muschelsuchend siehst du Kinder baden.

O Schaum aus Purpur und aus Wolkennacht,
Schoß der Korallen und der Ungeheuer,
Herz, das im Wahnsinn schon geweint, gelacht,
das tief durchfurcht des Willens trotzig Steuer!

(Karl Henckell)
1. - 4. Strophe

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