Freitag, 6. Februar 2015

Die Rosen

(Marie Luise Büchner)
Zeilen 1 - 12



In dunkler Gartenlaube ein bleiches Mädchen stand,
sie hielt zwei duft'ge Rosen in ihrer weißen Hand;
und in den Kelch der roten schaut' sie mit trübem Schmerz:
so glühte und so prangte auch einst mein junges Herz;
so trank's in heißen Zügen des Lebens Morgenluft,
so quoll aus seinem Innern der Liebe süßer Duft.

Jetzt gleicht's der weißen Rose, so kalt ist es und mild,
wohl ruht darin geborgen manch' liebes, teures Bild,
doch ist die Glut erloschen, sein Klopfen fühl' ich kaum,
bald werd' im Grab vergessen ich ganz der Jugend Traum.
Und wenn auf meinem Hügel dann weiße Rosen blühn,
so lasst an ihrer Seite auch rote Knospen glühn!

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