Freitag, 28. Februar 2014

An meinen Lieblingsbaum

(nach Charlotte von Ahlefeld)


Die Träume, die in stillen Feierstunden,
die dunkler Schatten mir so oft verlieh,
die süße Ruh, die ich bei ihm gefunden,
mein Lieblingsbaum, o die vergess ich nie!

Oft sah ich neben ihm die Sonne untergehen,
entzückt von ihres Anblicks Majestät.
Oft hat des Herbstes lindes, kühles Wehen
mit seinem bunten Laub mich übersät.

Vor meinen Blicken schwebten holde Bilder,
im lichten Glanz der Jugendphantasie,
da träumt ich mir des Schicksals Härte milder,
und jeder Misston wurde Harmonie.

Und liebend grub ich einst in seine Rinde
den Namenszug, der in mir brannte, ein,
auch darum wirst du mir, du stille Linde,
vor allen Bäumen ewig teuer sein.

Wenn sich in seinen blütenvollen Zweigen
des Westens leiser Odem kaum bewegt,
fühlt mein Gemüt sich durch das tiefe Schweigen
der heiligen Natur so ernst erregt.

Dann denk ich all der Wünsche, die vergebens
in meine Seele kamen, und entflohn,
und seufze: wär' der kurze Traum des Lebens
vorüber, wie so manche Hoffnung schon.

Und wäre einst nach meiner Tage Mühen,
o Baum den stets mein Herz mit Liebe nennt,
ein stilles Grab mir unter ihm verliehen -
geliebter Freund, der deinen Namen kennt.

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