Freitag, 14. März 2014

Tränenhalsband

(Selma Meerbaum-Eisinger)
06.11.1941


Die Tage lasten schwül und schwer,
voll wildem, bangen Weh.
Es ist in mir so kalt und leer,
dass ich vor Angst vergeh!

Die Vögel ziehn `gen Mittag hin,
sie sind schon lange fort.
Schon seh ich keine Aster blühn,
und auch die letzten Falter fliehn,
die Berge sind mit Herbst umflort.

Ich bin in Sehnsucht eingehüllt,
ich sehne mich nach dir.
Mein heißes Sehnsuchtslied erfüllt
die Welt und mich mit ihr.

Der Regen, der eintönig rauscht,
begleitet meinen Sang.
Und wer dem Regenliede lauscht
und wer sich an dem Weh berauscht,
der hört auch meines Liedes Klang.

Nur du allein, du hörst es nicht -
ach, weiß ich denn, warum?
Und wenn mein Lied einst gell zerbricht,
du bleibst auch kalt und stumm.

Dir macht es nichts, wenn jeder Baum
mitleidig fleht: so hör,
du gehst vorbei und siehst mich kaum,
so wüsstest du nicht meinen Traum
und's fällt dir nicht mal schwer!

Und doch bist du so bleich bedrückt,
wie einer, der versteht,
der seine Seufzer schwer erstickt
und schwer beladen geht.

Und doch ist Weh in deinem Blick,
um deine Lippen Leid.
Verloren hast du wohl das Glück,
es kommt wohl nimmermehr zurück,
und du - du bist "befreit".

Nun ja, das Glück war dir zu schwer,
du hast es hastig - wild verstreut,
und nun sind deine Hände leer,
es füllt sie nur noch Einsamkeit.

So stehst du da und wirfst den Kopf
mit starrem Trotz zurück,
und sagst, was du ja selbst nicht glaubst -
"Ich pfeife auf das Glück!"

Und dann, wenn es schon längst vorbei,
stehst du noch da und starrst ihm nach,
dann sehnst du es so heiß herbei,
es ist dir nicht mehr einerlei -
dann bist du plötzlich wach.

Zurück jedoch kommt es nie mehr -
denn rufen willst du's nicht,
und wäre die Leere so unendlich schwer,
dass dein Rücken darunter zerbricht.

So tragen wir beide dasselbe Leid,
ein jeder für sich allein.
Mich krönt aus Tränen ein schweres Geschmeid'
und dich ein Sehnsuchtsedelstein.

Und der Wind singt uns beiden den ewigen Sang
von Sehnen und Verzicht,
doch auch wenn es dir zum Sterben bang -
du rufst mich trotzdem nicht.

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