Die Rundreise geht weiter: Ein weiterer Grundgedanke, der sich durch die 95 Thesen von Martin Luther zog: "Wahrheit ohne Liebe ist nur Lärm."
Wahrheit – ein großes, scharfes Wort.
Wie oft wird sie
benutzt, um zu trennen, statt zu verbinden.
Wie oft wird sie
erhoben wie ein Schwert, wo sie doch wie ein Licht gedacht war.
„Wahrheit ohne Liebe ist nur Lärm.“
Auch wenn Luther diese
Worte nie selbst so niedergeschrieben hat, spiegeln sie doch einen
Kern seiner 95 Thesen:
Es geht nicht darum, Macht über Glauben
auszuüben, sondern um eine Wahrheit, die befreit – eine Wahrheit,
die aus Liebe wirkt und nicht einschüchtert.
Viele berufen sich auf die Wahrheit.
Doch wer sie ohne Liebe
verkündet, verwandelt sie in etwas Kaltes, Starres.
Dann klingt
sie wie Metall auf Stein – laut, aber hohl.
Und was bleibt, ist
nicht Erkenntnis, sondern Trennung.
Liebe gibt der Wahrheit ihre Gestalt.
Sie macht sie menschlich,
warm, heilsam.
Denn nur dort, wo Liebe mitklingt, kann Wahrheit
Herzen erreichen.
Paulus schrieb einst: „Wenn ich mit Menschen-
und mit Engelszungen redete und hätte die Liebe nicht, so wäre ich
ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle.“
Das ist kein
Widerspruch zur Wahrheit, sondern ihre Vollendung.
Vielleicht besteht die eigentliche Kunst des Glaubens darin,
beides zu vereinen:
die Klarheit der Wahrheit – und die
Sanftheit der Liebe.
Nicht jeder Widerspruch muss bekämpft
werden.
Nicht jedes Wort muss gesprochen werden.
Manchmal wirkt
Wahrheit am stärksten, wenn sie getragen wird von Mitgefühl.
So erinnert uns dieser Gedanke an eine leise, aber tiefe
Reformation im Inneren:
Die Wahrheit zu lieben – nicht, um zu
siegen,
sondern um zu heilen.
