Samstag, 13. Dezember 2014

Frühling im Winter

(Mathilde Raven)


"Ei sieh', der Mai ist gekommen,
der Blütenbaum schüttelt sein Haupt,
bedeckt ist mit Flöckchen die Erde,
vom tändelnden West ihm geraubt!"

"Du träumest! Es ist ja der Winter,
der stürmend die Bäume bewegt.
Mit Flocken von Schnee, nicht von Blüten,
ist dicht der Boden belegt."

"Der Winter? Mein Lieb, es ist Frühling,
er duftet und blühet und lacht!
Ich seh' in dein Antlitz, da herrscht er
in jugendlich leuchtender Pracht."

"Wie Maienglöckchen die Stirne,
wie Krokus dein Auge mir blüht,
wie Rosen dein Mund; deine Stimme,
sie klinget wie Nachtigall-Lied."

"Wie kann ich an Schnee auch nur denken,
klar ist ja mein Himmel und rein.
Dein sonniges Lächeln bringt Frühling
und Blüten ins Herz mir hinein."

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