(Stine Andresen)
Es rollt ein Strom so unaufhaltsam
die Wellen hin mit wilder Hast,
reißt alles mit sich fort gewaltsam,
was er in seinen Strudel fasst.
Da gilt kein still beschaulich Lauschen,
kein Rückwärtsschaun, nur weiter fort
wälzt sich der Strom mit mächt'gem Rauschen,
und "Vorwärts!" heißt sein Losungswort.
Viel Bilder sich am Ufer drängen,
die, kaum entstanden, auch entflohn.
Hier schallt's von lauten Freudenklängen
und dort wie dumpfer Grabeston.
Nun taucht's empor und schimmert prächtig
wie eitel Gold im Sonnenlicht,
dann rollt die Woge drüber mächtig,
es ist dahin und kehret nicht.
Denn was der Strom mit seiner Welle
begrub, kein Taucher bringt's herauf.
Er fasst das Dunkle wie das Helle
und überrollt's im raschen Lauf.
Er zieht vorbei mit wilder Eile,
wo Blumen blühn am Uferrand;
dann scheint's, als ob er länger weile
am öden, kahlen Felsenstrand.
Doch Täuschung ist's, denn seine Wogen
verweilten keinen Augenblick,
wo immer sie vorüberzogen
all Lust und Leid, an Qual und Glück.
Es legte Gott in seine Fluten
den Balsam, der uns unbewusst
oft kühlt des wilden Schmerzes Gluten
und heilet saust die wunde Brust.
Der Strom, so wohlbekannt uns allen,
der mächtig seine Heilkraft übt,
wo es nur stetes Weiterwallen,
kein Stillestehn, kein Rückwärts gibt.
Wo nirgends eine Haltestelle,
kein Ankerwerfen weit und breit,
wo unaufhaltsam rinnt die Welle:
es ist der Strom der flücht'gen Zeit.
Die rasche Welle ist die Stunde!
Stets mit der Gegenwart im Streit,
wühlt sie die Zukunft auf vom Grunde
und deckt sie mit Vergangenheit.
Und dachtest manchmal du vermessen:
Das halt' ich fest, wie's immer sei! -
Die Welle flüstert leis: Vergessen! -
Es rauscht der Strom: Vorbei! Vorbei!
Winkt dir die Zukunft noch so heiter
und strahlt Erinnrung süß und mild,
der Strom, ein stetiger Begleiter,
spült ab das farbenreichste Bild.
Wir schiffen all' auf seinem Rücken
in wechselvoller Flucht einher,
bis sich enthüllt vor unsern Blicken
der Ewigkeiten endlos Meer.
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