Donnerstag, 27. Februar 2014

Was gestern noch geblühet

(Herrmann Conradi)


Was gestern noch geblühet,
ist heute schon verdorrt,

Und was du jüngst mir zugeraunt,
verklungen ist das Wort!
Verrauscht ist sie, die Stunde,
wo dich mein Arm umfing -
wo luftberauscht mein Flammenblick
an deinem Antlitz hing!

Der Herbstwind fegt die Blätter,
die letzten, von dem Ast -
Ich wandre durch das öde Land,
bald hier, bald da zu Gast.
Die Stirne glüht in Fieber -
in Fieber bebt die Hand,
und wirre Wahnsinnsphantasien
sind mir im Hirn entbrannt.

Dass ich dich lassen musste,
das ficht mich gar nicht an -
das ist nun einmal menschenlos,
das sei nun abgetan!
Eins aber zieht mich nieder,
das lastet wie ein Fluch,
das lähmt der Seele stolze Kraft,
der Hochgedanken Flug;

Das gräbt sich in die Stirne
mit tausend Furchen ein;
das dunkelt mir der Sonne Gold,
das dunkelt Sternenschein;
das wühlt sich in die Brust mir
wie eines Schächers Blick;
das hemmt des Atems Freiheitsdrang
wie eines Henkers Strick!

Das grinst mich an wie eine
verrenkte Bettlerfaust;
das loht in mir wie Höllenqual,
die Herz und Hirn durchbraust -
und fragt ihr: Was entfesselt
den wirren Qualenstrom?
Die Sehnsucht, die da lechzt nach Glück,
nach Glück, das nur - Phantom!

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